Kunst testet gerne Grenzen aus und verhandelt ständig neu, was als sittlich oder legal gilt. In Bezug auf Gewaltfantasien, die in Kunstwerken auftreten können, ist es laut dem Kunsthistoriker Philip Ursprung nicht sinnvoll, die Kunst selbst einzuschränken. Kunst braucht Freiheit, da sie sich von Alltagsnormen unterscheiden und Bereiche der Gesellschaft reflektieren soll. Ursprung betont, dass es keine gewalttätige Kunst an sich gibt, jedoch Künstler, die gewalttätig sein können oder Verbrechen begehen, was die Betrachtung ihrer Werke beeinflussen kann.
Philip Ursprung ist ein Schweizer Kunsthistoriker und Professor für Kunst- und Architekturgeschichte an der ETH Zürich. Er hat sich in seinen Forschungen intensiv mit Kunst und Architektur beschäftigt und vertritt die Ansicht, dass Künstler und ihre Werke nicht immer getrennt betrachtet werden können. Ein Beispiel hierfür ist der Maler Caravaggio, der trotz seiner kriminellen Handlungen als wichtiger Künstler der Kunstgeschichte angesehen wird.
Das Interesse an Gewalt in der Kunst ist schon lange vorhanden und spiegelt die Neugier und Lust am Extremen wider. Die Ästhetisierung von Gewalt in Kunstwerken liegt oft im Grenzbereich zwischen dem Erlaubten und Verbotenen, dem Gängigen und Tabu. Künstlerinnen und Künstler werden von der Möglichkeit angezogen, durch Kunst Grenzen auszutesten und Themen zu thematisieren, die in anderen gesellschaftlichen Bereichen schwierig zu diskutieren sind. Die Kunst dient auch als Austauschort, um über moralische und gesellschaftliche Fragen nachzudenken und zu diskutieren.