In der französischen Politik gibt es gerade viele Ereignisse, die Premiere feiern oder rekordverdächtig sind. Dies sorgt für Spannung und Aufregung, die sogar Großereignisse wie die Fußball-Europameisterschaft in den Schatten stellen. Die Nationalspieler Frankreichs tragen mit ihren Leistungen auf dem Spielfeld wenig zur Ablenkung bei, auch sie haben sich politisch geäußert. Nach Kylian Mbappé und Marcus Thuram hat sich nun auch der Fußballspieler Jules Koundé mit einer Wahlempfehlung gemeldet. Er rief die Franzosen dazu auf, den Rassemblement National zu stoppen.
Nach den Parlamentswahlen hat Marine Le Pens rechtsextreme Partei und deren Verbündete ein historisches Ergebnis erzielt. Nun versuchen ihre Gegner, mit einer republikanischen Front ihren Durchmarsch zu einer absoluten Mehrheit zu verhindern. Der Begriff „Faire barrage“ ist in Frankreich nun weit verbreitet. Zahlreiche Kandidaten ziehen sich zurück, um zu verhindern, dass ihre Stimmen zugunsten der Lepenisten verloren gehen. Es gibt so viele Dreieckswahlen wie nie zuvor, aufgrund der politischen Spaltung in drei große Blöcke.
Die Macronisten sind uneins, die Konservativen halten sich alle Optionen offen. Präsident Emmanuel Macron scheint die Gefahr von der extremen Rechten zu erkennen, aber seine Kontrolle über seine Weggefährten scheint zu schwinden. Die Frage bleibt, ob das Wahlvolk den Empfehlungen der Parteien folgen wird. Im ländlichen Raum wird der Rassemblement National bereits als normale Partei wahrgenommen. Die Lust linker Wähler, Kandidaten aus Macrons Lager zu wählen, um die Lepenisten zu bremsen, ist ungewiss.
Das Verhalten des Volkes in dieser beispiellosen Wahlsequenz ist schwer vorherzusagen. Die Umfrageinstitute sind überfordert und die Leidenschaft in der französischen Politik war schon lange nicht mehr so groß. Es bleibt abzuwarten, ob am Sonntag mehr oder weniger Wähler teilnehmen werden, je nachdem, ob sie eine Le Pen an der Macht als Chance oder als Gefahr sehen. Das politische Geschehen in Frankreich ist derzeit so spannend wie selten zuvor.