In diesem Jahr verstärkten starke Regenfälle und steigende Temperaturen die Schneeschmelze und führten in mindestens zehn Regionen Kasachstans zu schweren Überschwemmungen. Präsident Qassym-Jomart Toqaev und vor allem die Bevölkerung beklagten die mangelnde Vorbereitung der lokalen Behörden. Die alljährliche Schneeschmelze hat sich in diesem Jahr zu einem Katastrophenszenario entwickelt. Seit dem 25. März ist Kasachstan mit einer Reihe von Hochwassern beispiellosen Ausmaßes konfrontiert, die Brücken, Dämme und Teile von Autobahnen zerstörten. Ab dem 4. April wurde der Klimanotstand auf zehn Regionen Kasachstans ausgeweitet, wie Vlast berichtet. Laut Dinara Nurgalıeva, der offiziellen Sprecherin des Ministeriums für Notfälle, waren in den Regionen Aqtöbe, Qostanaı, Westkasachstan, Abaı, Ulytau, Aqmola, Qarağandy, Atyrau, Pavlodar und Nordkasachstan besondere Maßnahmen erforderlich.
Mehrere Regionen von Überschwemmungen betroffen Das Land war zunächst im Westen von Hochwasser aus dem Fluss Ural betroffen. Darauf folgten starke Überschwemmungen in der Region Atyrau, nachdem die Emba über die Ufer getreten war. Auch in den Regionen Abaı, Aqmola und Ostkasachstan traten Flüsse über die Ufer, nachdem es zwischen dem 7. und 10. April zu heftigen Regenfällen gekommen war. Am 10. April schien sich die Lage in den Regionen Aqtöbe und Qostanaı stabilisiert zu haben. Gemäß der Wetteragentur Kazhydromet kam es aber noch bis zum 13. April im ganzen Land zu weiteren Niederschlägen. Der plötzliche Anstieg des Wassers brachte viele Staudämme in Kasachstan und Russland in Schwierigkeiten, zudem habe ein Staudamm in der russischen Region Orenburg die bereits kritische Situation in Westkasachstan noch verschärft.
Staudämme auf dem Prüfstand des steigenden Wassers Laut dem russischen Medium Ural56 soll der stark gestiegene Wasserzufluss die Behörden zu dieser Entscheidung veranlasst haben. Nach Angaben der Dammverwaltung hätte die gemessene Wassermenge am 1. April 90.000 Kubikmeter erreicht, nachdem sie in den vorangegangenen Tagen stetig gestiegen war. Am 2. April wurde in der Region Westkasachstan der Klimanotstand ausgerufen. Auch in der Region Aqtöbe stieg die Wassermenge zu schnell an, sodass der Magajan-Damm brach, berichtet Vlast. Der Stausee enthielt ein Volumen von 15,8 Millionen Kubikmetern Wasser, was zum Bruch des Stausees geführt haben soll. Derzeit wird untersucht, ob der Vorfall durch eine bessere Wartung der Infrastruktur hätte vermieden werden können. Außerdem brach der Schtscherbakow-Damm unter dem Druck des Wassers und verstärkte die Flut des Flusses Yrğyz. Die gesamte Bevölkerung des nahegelegenen Dorfes musste evakuiert werden.
Tausende Einwohnende vertrieben Bis zum 15. April waren laut Vlast fast 111.200 Menschen vertrieben worden. Seit Beginn der Überschwemmungen konnten nur 11.950 Personen in ihre Häuser zurückkehren. Im Gespräch mit Radio Azattyq berichtet Sevilıa Kuspanova, dass sie aus der Stadt Derkul im Bezirk Uralsk in der Nähe von Russland evakuiert wurde: „Man hatte uns gewarnt, ja, dass wir evakuiert werden, dass wir uns vorbereiten müssten. Aber es war nicht das erste Mal und wir dachten nicht, dass es so schlimm sei. Dann sah ich, dass das Wasser in den Nachbarhof eingedrungen war und anfing zu steigen. Da wurde mir klar, dass es Zeit war, zu gehen.“ Wie alle anderen in der Unterkunft nahm auch Kuspanova nur das Nötigste mit: ein paar Habseligkeiten und wichtige Dokumente. Ihr Haus ist fast vollständig mit Wasser bedeckt. „Hier können wir uns gegenseitig unterstützen. Hier sitzen wir zusammen und weinen, wir verstehen den Schmerz jedes und jeder Einzelnen“, fügte sie hinzu.
Sachschäden Laut einer von Vlast weitergeleiteten Bilanz vom 7. April waren in den nordwestlichen Regionen immer noch 3.702 private Wohngebäude überflutet. Obwohl fast 24.000 Beamte in die betroffenen Gebiete entsandt wurden, kritisierte der Präsident Kasachstans die mangelnde Vorbereitung der lokalen Behörden. Nach Angaben von Eurasianet soll es in der kasachischen Verwaltung immer wieder zu einem schlechten Umgang mit Überschwemmungen kommen. Die Regierung kritisiert die Langsamkeit der lokalen Verantwortlichen sowie deren Unfähigkeit, aus früheren Katastrophen zu lernen. Lokale Beamte wiederum behaupten, dass Naturkatastrophen von Jahr zu Jahr schlimmer und unberechenbarer werden.